Du gehörst zu meinen Favoriten – im Handy

Handydisplay statt Briefpapier
Auf unserem Dachboden finden sich mitunter zahlreiche der genannten Zettelchen, mit denen im weniger virtuellen Zeitalter rege kommuniziert wurde. Auch heutzutage tauschen Paare ihre Liebesbekundungen und sonstige Kurznachrichten fast durchgehend aus. Dank unseres mobilen Wegbegleiters in der Tasche kann die Zweisamkeit sogar außer Reichweite des Partners fortgeführt werden, ob auf einer Geburtstagsfeier eines Bekannten oder der Zugfahrt Richtung Arbeitsplatz. Einige fixe Worte ins Nachrichtenfenster getippt und ab geht die Post. Früher dauerte ein solcher Schriftverkehr per Briefpost drei Werktage, mit Antwortschreiben sogar doppelt so lange. Für die Ungeduldigen gab es noch immer das Festnetztelefon, mit dem von den eigenen vier Wänden aus die Nummer des Lieblings gewählt wurde - die man auswendig kannte! Und das in der blinden Hoffnung, dass bloß nicht der Anrufbeantworter anspringt. Natürlich gibt es diese Wege für Liebesbotschaften, Unternehmensplanungen und Bilderaustausch noch immer, doch sind sie in einer Welt voller Smartphones einfach viel zu langsam.
Der richtige Umgang ist entscheidend
Dass dem Partner binnen Sekunden die Liebe mittels Herzzeichen gestanden, der aktuelle Standort oder die momentane Gefühlssituation des Absenders mitgeteilt werden kann, ist dank des Mobiltelefons möglich - und das 24/7. Trotz räumlicher Distanz können sich Liebespaare durchgängig begleiten und miteinander kommunizieren, es sei denn mindestens eine Partei schläft oder befindet sich in einem Funkloch. All dies mag angenehm und abgesichert klingen, die Beziehung irgendwie verfestigen, doch kann sich der schriftliche Nachrichtenverkehr auch nachteilig auf die Partnerschaft auswirken. Der richtige Umgang ist entscheidend.
Es fehlen nämlich schlichtweg Gestik, Mimik und Intonation in der virtuellen Unterhaltung. Zugegeben: Smileys mögen diesen Mangel einigermaßen ausradieren, doch schon allein ihr Verzicht lässt einen enormen Interpretationsrahmen bei mehrdeutigen Nachrichten offen. Vor allem, wenn ihnen drei harmlos scheinende Pünktchen folgen. In dieser Nachricht hallte eindeutig Missgunst mit und sie trieft nur so vor Streitsucht! Und kommt es erst zu einem Missverständnis, kann dies folgenschwer enden. Geschützt durch den Bildschirm gehen gemeine Äußerungen um einiges leichter aus der Hand. Das gleiche Gespräch von Angesicht zu Angesicht wäre garantiert anders verlaufen. Die Absicht des Gesprächspartners lässt sich mittels Ausdruck und Stimmlage viel unkomplizierter verstehen. Und außerdem spart es Zeit, Nerven und Datenvolumen.
Nicht zu viel Bedeutung beimessen
Ein leidiges Thema insbesondere für frische Paarbeziehungen: keine oder eine viel zu späte Antwort. Blaue Häkchen hin oder her: eine Antwort wird erwartet, aber zu sofort! Hier beginnen die Überlegungen, jetzt werden unterschiedlichste Szenarien vor allen in den Köpfen der Mädchen durchgespielt. Ist er von mir genervt? Mag er mich nicht mehr? Ist ihm etwas zugestoßen? Keine Antwort ist auch eine Antwort. Und letztendlich vergaß er oder sie das Telefon einfach auf der Arbeit. Diese nervenzerreißenden Situationen sind in der Wirklichkeit nahezu unmöglich. Viel zu komisch wäre es, wenn es zwischen einer Frage und einer Antwort in einem echten Gespräch mit beiderseitiger Anwesenheit zu einer neunstündigen Zwischenpause käme.
Eine Lösung für all diese Probleme: dem Text schlicht und ergreifend nicht so viel Bedeutung zumessen. Er wurde vermutlich genauso so schnell verfasst, wie er abgesendet wurde. Mehr sprechen (funktioniert übrigens auch wunderbar am Telefon) und weniger texten lautet ansonsten die Devise. Die Beziehungen unserer Großeltern und Eltern sind die perfekten Beispiele. Obwohl vielleicht nur eine Liebesbekundung per Post und zwei Telefonate mit den wichtigsten Neuigkeiten die Woche bestimmten, trugen sie Früchte.
Das Handy ist nur ein Hilfsmittel
Natürlich dürfen wir in den Genuss des vorteilhaften Smartphones kommen, dürfen aber nicht vergessen, es nur als nette Erleichterung unserer täglichen Kommunikation zu nutzen und ihm nicht zu viel Gewicht beizumessen. Ohne Frage lässt ein Kuss-Smiley die Schmetterlinge im Bauch tanzen, ein Kuss auf die Stirn aber umso mehr. In echt ist es einfach echter.